Kopie von: http://www.soz.unibe.ch/forschung/ii/
Forschungsverbund 'Individualisierung und Integration'
Fallstudie 'Zivile Vergemeinschaftung':
Neue Modelle organisierter Solidarität
Projektleitung: Dr. Eva Nadai
Fussnoten
zum Schlussbericht vom Januar 2000.
- Diese moralische Dimension steht v.a. bei kommunitaristischen
Autoren im Vordergrund, die das Überhandnehmen von
Individualismus als Zentralwert moderner, liberalistischer
Gesellschaften kritisieren (Bellah et al. 1987; Etzioni 1993;
Walzer 1990).
- Zum Zeitpunkt der Untersuchung befand sich das Zentrum in ein
Professionalisierungsprozess, der zu Einschränkungen dieser
Basisdemokratie führte.
- Unter «group communities» verstehen Wellman/Gulia
(1999) Netzwerke mit hoher Dichte.
- D.h. beruhend auf unmittelbaren, diffusen und relativ
dauerhaften Beziehungen zwischen den Mitgliedern und
gekennzeichnet durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl
(Neidhardt 1979, Tyrell 1985).
- Das Verfahren der objektive Hermeneutik erfordert die
Diskussion eines Textes in einer Gruppe von Interpret/innen.
Dieses Vorgehen war mir in meinem Projekt nur möglich dank
der Unterstützung der Arbeitsgruppe Objektive Hermeneutik am
Institut für Soziologie, deren Mitglieder ich an dieser
Stelle herzlich danken möchte: Corinna Seith,
Anne-Françoise Gilbert, Regula Rytz, Christina Schumacher
und Ursula Streckeisen.
- Erreicht wurden bei Benevol 62% der angefragten Mitglieder, im
Mütterzentrum 69%, bei Talent 77%.
- Das Vorgehen lehnt sich an an Fischer et al. 1978, Fischer
1982, McCallister/Fischer 1983, Schenk 1995. Die Namensgeneratoren
beziehen sich auf Orientierung, Geselligkeit, informelle
Unterstützung und Kooperation und privilegieren Beziehungen
innerhalb der Untersuchungsgruppen.
- Ausserdem tragen soziale Beziehungen innerhalb einer
Assoziation zur Stabilisierung von Partizipation bei: Mitglieder
mit persönlichen Kontakten zu anderen Mitgliedern verbleiben
länger in einer Vereinigung als Personen ohne Einbindung in
gruppeninterne Netze (Popielarz/McPherson 1997).
- Kollektive Identität wird hier verstanden als «ein
Syndrom von Bewusstseins- und Ausdrucksformen von mindestens zwei
Personen, die um ihre Zusammengehörigkeit (...) wissen, diese
&endash; im Regelfall &endash; handlungspraktisch demonstrieren
und insofern auch von ihrer Umwelt als zusammengehörig
wahrgenommen werden.» (Rucht 1995, 10)
- Common pool-Ressourcen sind Ressourcensysteme, die kollektiv
bewirtschaftet, aber individuell genutzt werden.
- Bzw. von «Sozialvermögen» wie er diese
Ressource zu nennen vorschlägt (ebd., 116-118).
- Vgl. ausführlicher Nadai 1999a (zum Mütterzentrum),
1999b (zu Benevol und 1999c (zu Talent).
- Die 'Mittelschicht-Zentriertheit' (Heinze/Olk 1999) von
Freiwilligenarbeit ist ein international gut belegter Befund (vgl.
auch Bühlmann/Schmid 1999, Gaskin et al. 1996,
Hodgkinson/McCarthy 1992).
- Das ist kein wesentlicher Unterschied zu Freiwilligen in
traditionellen Organisationen: gemäss einer Studie im Kanton
Zürich kamen 52% der freiwilligen Einsätze durch
persönliche Anfragen zustande (Nadai 1996, 116).
- Es lassen sich vier Muster unterscheiden: (a) intensive
Mutterschaft/Mütterzentrum als Identitätsstütze;
(b) begrenzte Mutterschaft/Mütterzentrum als Integrationsort;
(c) Mutterschaft als Serialität/Mütterzentrum als
Arbeitsplatz; (d) Mutterschaft als Teil des
Geschlechterkampfes/Mütterzentrum als
Emanzipationsprojekt.
- Dies mit unterschiedlichen Akzenten: (a) Talent als
Katalysator zum Nachdenken über die Welt; (b) Verbindung von
Politik und alltäglicher Lebensführung durch
Praktizierung des 'gerechten' Tausches; (c) Talent als
Integrations- und Anerkennungsprojekt, das soziale Netze
schafft.
- Wuthnow (1991, 59f.) beschreibt das Begründungsproblem in
einer pluralistischen Gesellschaft als «deciding among
multiple accounts &endash; deciding which one is most plausible
or, more likely, deciding which combination to put together and
how best to combine them.»
- Beispielsweise erfolgt die Teilnahme an den
vierteljährlich stattfindenden Erfahrungstreffen auf
Einladung der Stellenleiterin und diese Einladung geht jeweils nur
an eine Auswahl von Freiwillien, nicht an alle.
- Das Mütterzentrum steht vor dem Dilemma, entweder
möglichst vielen Müttern Arbeit zu bieten, aber der
einzelnen Frau je nur ein kleines Pensum und eine kurzfristige
Stelle, oder einzelne Mütter intensiver und
längerfristiger anzustellen, dafür aber ingesamt weniger
Frauen beschäftigen zu können. Je mehr die einzelne Frau
im Zentrum arbeitet, desto weniger Arbeitszeit bleibt für die
anderen. Das Dilemma besteht insbesondere auch für die
Anstellungsdauer: im Interesse der Arbeitsqualität ist
Kontinuität gefragt &endash; je mehr Kontinuität, desto
geschlossener ist aber das Mütterzentrum für neue
Frauen.
- Jüngere Personen haben im allgemeinen grössere
soziale Netze als ältere, Erwerbstätige grössere
als Nichterwerbstätige (u.a. Fischer et al. 1977).
- 1% bei Benevol, 1.8% bei Talent, 9.5% im
Mütterzentrum.
- Der Index für 'Stärke' einer Beziehung wurde
gebildet aus Kontakthäufigkeit, emotionaler Nähe und
Besprechung persönlicher Entscheidungen.
- 90% der Alteri, mit denen die Mütterzentrums-Mitglieder
informelle Hilfe austauschen, sind weiblich.
- Die Netzgrösse hat jedoch einen Einfluss auf informelle
Hilfe: Personen mit grossen persönlichen Netzen pflegen
signifikant mehr Unterstützungsbeziehungen als diejenigen mit
kleinen Netzen.
- Offe hält den kommunitären Typ von Gemeinsinn
für überholt. Zu diesem Schluss kommt er offensichtlich
deshalb, weil er diesen Typ an «feststehende» bzw.
«primordiale» und «relativ geschlossene»
Gemeinschaften bindet (ebd.), die in pluralistischen
Gesellschaften an Bedeutung verlieren. Das Mütterzentrum
zeigt jedoch, dass solche Gemeinschaften auch neu geschaffen
werden können und für ihre Mitglieder hohe, wenn auch
zeitlich begrenzte Relevanz erhalten können.
Dr. Eva Nadai, Universität Bern,
Institut für
Soziologie
email: eva.nadai-at-fhso.ch.
letztmals geändert am 7.3.2000 / Christoph Müller
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